Fallstricke bei Kündigung und Verkauf von Kapitallebensversicherungen
Mai 11, 2015Finanzsystem – ein Sack voll Hoffnung
Mai 13, 2015Produkte, die Hoffnungen wecken, die sie offensichtlich nicht erfüllen, sind gefährlicher als Produkte, die auf ihre Risiken hinweisen. Eine Unternehmensbeteiligung hat immer ein Totalverlustrisiko, denn jedes Unternehmen kann auch scheitern. Unter dem Deckmantel der Sicherheit – garniert mit dem Lockvogel der Steuerersparnis – wird mit der Rürup-Rente Jagd auf Selbstständige gemacht. Die Basis-Rente soll das Altersvorsorgeprodukt der Selbständigen werden – zumindest sind das die Hoffnungen der Versicherungsbranche. Doch in Wahrheit enteignet
es die Selbständigen.
Der Deutsche, der viel Steuern zahlt, ist immer auf der Jagd, Steuern zu sparen. Die Vergangenheit lehrt uns, dass dem Deutschen dafür manchmal jedes Mittel recht ist: Steuern sparen, koste es, was es wolle! Verlustmodelle – also Kapitalanlagen mit enormen Steuervorteilen waren und sind auch heute noch der Renner. Der Gesetzgeber hat zwar die Möglichkeiten stark eingeschränkt, doch einige Möglichkeiten, die individuelle Steuerlast zu mindern, gibt es auch heute noch.
Doch die brauchen wir die heute gar nicht mehr, denn es gibt ja die Basis Rente. Seit dieses Produkt von der Versicherungswirtschaft und der besser verdienenden politischen Elite zusammengewerkelt wurde, ist es das Lieblingsprodukt vieler Vermittler. Und genau das war auch das Ziel, welches sich die Schöpfer dieses Produktes erreichen wollten: Gefällt ein Produkt den Vermittlern, wird es auch rege verkauft. Nachvollziehbar ist das nicht. Wenn die Vermittler auch nur einen Funken Anstand besäßen, dürften Sie dieses Produkt gar nicht anbieten. Der Grund dafür liegt auf der Hand: die Nachteile überwiegen!
Warum wird die Basis-Rente überhaupt angeboten?
Das Kapital, das sich in einem Rürup-Vertrag befindet, bleibt im Falle einer längeren Arbeitslosigkeit (ALG II) bei der Anrechnung von Vermögen unberücksichtigt. Es gilt ein Pfändungsschutz in der Ansparphase – in der Rentenphase kann jedoch der über den Pfändungsfreigrenzen liegende Teil gepfändet werden.
Das sind zwei Vorteile – genauer: anderthalb Vorteile. Die Ursache liegt aber woanders. Staatliche Förderungen und Steuervorteile sind Zauberwörter im Verkauf. Der Vermittler kann ein Produkt viel besser anpreisen, wenn der Staat etwas dazu gibt. Man redet einfach über die Förderung und bietet das dafür notwendige Produkt als Voraussetzung an, die Förderung zu erhalten.
Diese Praxis ist seit Jahrzehnten bewährt und hat schwindelerregende Umsätze gerade bei den verbraucher-unfreundlichsten Produkten erzeugt, die der Markt hervorbringen konnte. Bei der Basis-Rente funktioniert das selbstverständlich ebenfalls. Die Vertretervergütung für so einen Vertrag ist auch nicht von Pappe. Somit schließt sich der Kreis, denn dem Vertrieb wird ein leicht plazierbares Produkt mit hoher Provisionserwartung angeboten.
Die Versicherungsgesellschaften bilden die Vermittler selbst aus, machen Roadshows, treten auf Messen auf und argumentieren, was das Zeug hält. Wen wundert es also, dass ausschließlich Vorteilsargumentationen in die Köpfe der Vermittler gehämmert werden. Und die Vermittler? Sie rennen wie Marionetten los und quaken das nach, was man ihnen eingetrichtert hat: Der Sparer kann eine Altersvorsorge mit staatlicher Förderung (Steuervorteile über Vorsorgeaufwendungen) aufbauen – großartig!
Man sollte dabei berücksichtigen, dass Beiträge zu Basis-Renten zurzeit nur gestaffelt steuerlich geltend gemacht werden können. Das bedeutet, dass ab dem Jahr 2008 66 Prozent der gesamten Altersvorsorgeaufwendungen zur Basis-Rente und gegebenenfalls zur gesetzlichen Rentenversicherung und zu berufsständischen Versorgungswerken bis maximal 20.000,- Euro (Verheiratete 40.000,- Euro) steuerlich berücksichtigt werden können. Der steuerfreie Beitragsanteil steigt bis 2025 jährlich um zwei Prozentpunkte.
Wenn die Basis schon faul ist
Eine Lebensversicherung ist ein Renditegrab. Die Basis-Rente ist ein Renditegrab mit Steuervorteilen. Wird das Produkt dadurch besser, dass der Staat einen steuerlichen Rabatt auf die Beiträge gewährt? Sicherlich nicht! Und darüber hinaus holt sich Vater Staat seinen Anteil ja wieder, denn die Rentenzahlungen müssen später, ab dem Jahr des Rentenbeginns, komplett versteuert werden.
Viele Vermittler argumentieren, dass der Steuersatz im Alter höchstwahrscheinlich geringer sein wird als der heutige. Vielleicht ist das so. Vielleicht verändern sich die Steuersätze in Zukunft komplett. Wer will das voraussagen? Ob sich die Basis-Rente als steuerlicher Flop herausstellt, werden wir dann sehen, wenn es zu spät ist und es keine Möglichkeit mehr gibt, so einen Vertrag umzustellen.
Apropos Umstellung: Eine Kündigung und die Auszahlung eines „Rückkaufswertes“ ist bei Basis-Renten ausgeschlossen! Wenn man also entdeckt, dass man einen Fehler mit dem Abschluss eines solchen Vertrages begangen hat, kann man den nicht berichtigen! Es gibt nichts zurück! Rürup-Verträge können nicht beliehen, übertragen, vererbt oder verschenkt werden. Ist das zu fassen?
Und nun die Highlights:
Es gibt kein Kapitalwahlrecht! Die spätere Auszahlung erfolgt ausschließlich als Leibrente und beginnt frühestens nach Vollendung des 60. Lebensjahres. Für Sparer, die krank werden und deshalb lieber die Summe mit einem Mal abgerufen hätten, funkeln keine Renditesterne, denn sie wissen bereits, dass sie niemals soviel aus dem Vertrag herausbekommen werden, wie sie eingezahlt haben. Und wenn sie den Rentenbeginn nicht erreichen, bekommen sie gar nichts. Denn bei Tod des Sparers vor Rentenbeginn verfällt das gesamte eingezahlte Kapital. Erlebt der Sparer den Rentenbeginn, sieht es auch nicht viel rosiger für ihn und sein Guthaben aus. Denn auch bei Tod des Sparers nach Rentenbeginn verfällt das gesamte eingezahlte Kapital. Willst Du was von Deiner Rürup-Rente haben – reiß Dich zusammen: Stirb nicht! Das nennt man nicht Totalverlustrisiko, sondern Totalverlustgewissheit.
Nur derjenige, der richtig lange lebt, wird sein Geld wiedersehen – abzüglich Steuer versteht sich. Richtig lange leben darf man hier wörtlich nehmen, denn wie schon bei der Riester-Rente kalkuliert der Versicherer mit Lebenserwartungen, die aus hauseigenen Sterbetafeln stammen und mit den Statistiken des Statistischen Bundesamtes nichts zu tun haben. Die traurige Wahrheit ist, dass der Sparer viel älter werden muss, als er wahrscheinlich werden kann, um Gewinn aus der ganzen Aktion ziehen zu können.
Übrigens: Die wegen der Todesfälle anderer Sparer verfallenen Rentenauszahlungen fließen teilweise in die sogenannten Überschussgewinne der anderen Policen ein. Die Rendite der Sparer mit höherem Rentenalter hängt also zum Teil von der Lebenserwartung der anderen Sparer ab. Die früh Verstorbenen finanzieren also einerseits die Gewinne der Lebensversicherungsgesellschaft und andererseits Teile der Renditen der anderen Lebensversicherungsverträge. Das ist in etwas so, als ob ein allein lebender Mann kurz vor seinem Tod sein Vermögen zu einem Drittel an ein Unternehmen, von dem er keine Anteile besitzt, und zu zwei Dritteln an fremde Nachbarn verschenkt, aber dabei gleichzeitig seine eigene Familie und Verwandtschaft leer ausgehen lässt…
Geld verdient: Ziel erreicht
Doch warum soll man darüber den Kopf schütteln? Versicherungen machen Produkte, die in erster Linie der Versicherung Geld einbringen sollen. So funktioniert das System nun mal. Die Versicherungswirtschaft hat es geschafft, aus einem unattraktiven Produkt wie der privaten Rentenversicherung einen offensichtlichen Betrug zu machen und den so positiv zu verpacken, dass die Vermittlerschaft vermittelt, was das Zeug hält. Und was tut der Staat?
Er sorgt mit unseren Steuergeldern dafür, dass so ein Produkt auch noch gefördert wird! Damit sorgen wir alle indirekt selbst dafür, dass wir betrogen werden. Kann das richtig sein? Allein das würde ausreichen, die Basis-Rente auf die Liste des Roten Kapitalmarktes zu setzen. Aber es geht ja noch weiter. Natürlich macht es sich blöd beim Verkauf, wenn jemand diese Nachteile – wir erinnern uns: kein Kapitalwahlrecht, Sparsumme ist nicht vererbbar, übertragbar, verschenkbar und auch nicht beleihbar, Verfall des Guthabens bei Tod – herausfindet.
Es gibt schließlich den einen oder anderen, der sich vorher informiert und damit ganz von selbst auf diese vielen Ungeheuerlichkeiten stößt. Da kommen kreative Versicherungsbausteine wie gerufen, die man optional dazu basteln kann. Je nach Anbieter kann eine Zusatzversicherung in Form einer Hinterbliebenen-Rente oder eine, steuerlich jedoch nicht geförderte, Beitragsrückgewähr vereinbart wer-den. Eine Rentengarantiezeit gibt es bei Basis-Renten nicht.
Sofern der Sparer aber schon verheiratet ist, kann jedoch eine Hinterbliebenenrente für den Ehegatten vereinbart werden. Selbstverständlich sind das Versicherungsbausteine, die es nicht umsonst gibt und die somit Extrageld kosten, was vom Gesamtbeitrag abgeht. Diese Bausteine machten den Hauptvertrag nicht deutlich attraktiver, sondern einfach nur deutlich teurer. Meist ist es erheblich billiger, solche Bausteine als Risikoversicherung beim Direktversicherer abzuschließen als diese Bausteine in den Hauptvertrag zu integrieren. Letzten Endes sind es jedoch nur Mittel, um eine absolute Ungeheuerlichkeit positiv zu verpacken. Rede nur lange genug positiv über einen Eimer Kuhmist und irgendwann findet sich jemand, der ihn für einen hohen Preis kauft.
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Foto: Bernd Liebl, Magdeburg
1 Comment
[…] Lebensversicherung wechseln, bringt nichts. Lebensversicherungen abschließen, bringt nichts. Diese Produktkreationen saugen nur das sauer verdiente Geld der Versicherten ab. Einen Mehrwert bringen diese Verträge nicht. Und das gilt auch für die geförderten Angebote wie Riester-Rente oder Basis-Rente. […]