Nicht alles Gold, was glänzt
Mai 28, 2015Du bist, was Du isst
Juni 5, 2015Wer kennt das nicht? Da sitzt einer, ackert den Finanzordner durch und erklärt, er habe etwas Besseres. Grundsätzlich sind das gute Nachrichten. Jedoch kann man schwer nachvollziehen, ob Freund Vertreter wirklich etwas Besseres hat oder ob er nur einen Weg gefunden hat, sein Produkt besser darzustellen. Zu schnell geschenktes Vertrauen kann manchmal teuer werden, speziell dann, wenn sich das bessere Produkt als Kuckucksei entpuppt.
Information – Desinformation?
Schon die frühen Zivilisationen wussten, dass diejenigen siegen werden, die die Informationen besitzen. Die herrschende Klasse konnte nur deswegen herrschen, weil Sie die zahlenmäßig viel, viel größere Klasse manipulieren konnte. Man kann sich jede Hochkultur der Vergangenheit ansehen, die man möchte: Wenige Menschen beherrschten immer viele Menschen und dabei hatten die wenigen Herrscher den Beherrschten immer eines voraus, Wissen. In der heutigen Zeit hat das Prinzip, dass derjenige, der einen Informationsvorsprung vor einem anderen hat, sich mehr Vorteile verschaffen kann, als der weniger Informierte, nichts an Aktualität verloren. Nur die Wege, die Informationen und Wissen heute gehen, sind raffinierter geworden. Die Menschen glauben, Herren ihres freien Willens zu sein. Medien- und Werbeprofis wissen es aber besser. Es ist doch viel besser, einem Menschen glauben zu machen, er kenne sich aus und träfe eigene Entscheidungen. So ist es sehr einfach möglich, die Menschen zu motivieren, Produkte bei Banken, Bausparkasse und Lebensversicherungen abzuschließen, mit denen die Anbieter Milliarden verdienen und der Kunde erst merkt, dass er leer ausgeht, wenn er keine Chance mehr hat, es zu ändern.
Um Punkt 19.00 Uhr klingelt es an der Tür. Der gutgelaunte Mann mit dem schicken Anzug und dem Aktenkoffer begrüßt sein Gastgeber und wird hereingebeten. Ihm wird ein bequemer Sessel angeboten, er aber fragt freundlich aber bestimmt, ob man sich vielleicht auch auf die Stühle am Esstisch setzen könne. Dort könne er besser schreiben. Gesagt getan. Am Esstisch angekommen wird ein privates Gespräch begonnen. Das Eis muss gebrochen werden. Es geht um Familie, Arbeit, Freunde, Interessen und Hobbys. Es muss erst eine Wohlfühl-Atmosphäre herrschen, bevor das trockene Thema Finanzen angesprochen werden kann. Außerdem ist es wichtig, vorher Bescheid zu wissen, wem man gegenübersitzt. Finanzen sollen schließlich zuallererst das Leben bereichern und absichern.
So gibt ein Wort das nächste und die Zeit vergeht wie im Fluge. Ein gutes Zeichen, denn wenn die Zeit schnell vergeht, bedeutet das, dass man Spaß hat. Und Spaß soll dabei sein. Ein gutes Gespräch sollte vor allem unterhalten und da ist eine gesunde Menge Humor niemals verkehrt.
So wird der Übergang zum eigentlichen Thema auch viel einfacher. Der Ordner ist schwer. Über die Jahre hat sich eine Menge Papier angesammelt. Der Vermittler schaut die Sachen durch. Er kennt die Preise seines Arbeitgebers genau und kann sofort sagen, wenn er etwas findet, was er günstiger anbieten kann. Und davon gibt es reichlich. Vor allem die Lebensversicherungen haben es ihm angetan.
„Wenn Sie diesen Lebensversicherungsvertrag gegen einen von uns wechseln, erhalten Sie bei gleichem Beitrag zum Schluss rund 20.000 Euro mehr Ablaufleistung“, erklärt der Vermittler. Dieses Argument zieht, denn was soll dagegen sprechen, die Strategie zu ändern, wenn man mehr dafür rausbekommt?
So passiert es jeden Tag in deutschen Haushalten. Versicherungsvertreter und Vermittler von Allfinanzvertrieben geben sich alle Mühe, ihr Geschäft zu platzieren. Die Umstellung von Lebensversicherungen steht dabei ganz oben auf der Liste. Das dies tagtäglich passiert hat mehrere Gründe. Zuerst ist eine Lebensversicherung eine Vertragsform mit hohem Kaufreuepotential. Kaufreue kennt sicher jeder. Sie ist das schlechte Bauchgefühl nach einem geschäftlichen Abschluss. Kaufreue tritt bei allen möglichen Transaktionen auf. Wem ging es nicht schon einmal so, dass er sich von einem Verkäufer in einem Geschäft zu einem Produkt überzeugen ließ, das beim ihm ursprünglich gar nicht auf der Einkaufsliste stand? Kaufreue kommt hauptsächlich dann hoch, wenn man das Gefühl hat, dass irgendetwas nicht stimmte. Und da der Abschluss einer Lebensversicherung ein Geschäft ist, bei dem der Kunde als Einziger draufzahlt, ist das schlechte Bauchgefühl nach Vertragsabschluss sogar gerechtfertigt. Wenn dann jemand kommt, der einem erklärt, es gäbe eine Möglichkeit, mehr rauszubekommen mit einem gleichartigen Vertrag, aber bei einer anderen Gesellschaft, so ruft das zunächst genau dieses Gefühl wieder hervor, dass man beim damaligen Abschluss verspürte, und verstärkt sich sogar durch die Bestätigung, dass man offenbar recht damals hatte. Für den Vermittler ist dies ein einfaches Geschäft.
Das-Hans-im-Glück-Prinzip
Wen wundert es also dass die Stornoquoten bei Lebensversicherungen so hoch sind? Vermittler des Marktes geben sich die Klinke in die Hand und tauschen Fremdprodukte gegen die eigenen aus, geradewegs so wie es ihnen ermöglicht wird. Die Vision des neuen und besseren Produktes muss ja nur so gut sein, dass der Kunde keine Kaufreue verspürt und wenigstens solange mit seinem neuen Produkt am Ball bleibt, bis die Provision komplett vom Kunden bezahlt wurde. Die Kunden tauschen ein Produkt minderer Qualität gegen ein anderes von ähnlich minderer Qualität. Dabei fühlen sie sich gut, denn sie trennen sich von einem Produkt, von dem sie schon immer den Verdacht hatten, dass es nichts taugt. Gleichzeitig bekommen sie mit einem guten Gefühl ein Produkt, das anscheinend besser sei, zumindest auf dem Papier. Was spricht also dagegen?
Dagegen spricht so einiges. Denn zuerst sollte man sich daran erinnern, dass eine Kapitallebensversicherung – gerichtlich – bestätigt legaler Betrug ist. Alle Produkte dieser Art funktionieren gleich. Man kann lediglich Unterschiede in der Finanzkraft des Versicherungsunternehmens unterscheiden. Trotzdem wird das Produkt nicht wirklich besser, wenn der Versicherer eine dickere Brieftasche hat. Eine Kapitallebensversicherung ist wie die andere. Die Ablaufleistungen auf den Beispielrechnungen wiederspiegeln immer nur den momentanen Stand der Überschussbeteiligung. Sich daher aufgrund der Berechnungen für eine andere Gesellschaft zu entscheiden und wieder das gleiche Produkt abzuschließen, ist nicht sonderlich zweckmäßig. Papier ist bekanntlich geduldig und nicht umsonst wird immer darauf hingewiesen, dass Überschüsse nicht garantiert werden können. Diesen Hinweis sollte man wirklich ernst nehmen. Dass der Versicherer aus Erfahrung weiß, welche Überschüsse er erzielt, und seine Berechnungen daher schon passen würden, ist eine reine Vertriebsgeschichte, die Vertreter gern erzählen, die aber aus dem Reich der Legenden stammt. Gerade in Zeiten wie diesen, wo es kaum oder gar keine Überschüsse gibt, wo Versicherungsunternehmen sogar um ihr Neugeschäft bangen und Probleme bekommen, ihre Garantiezusagen gegenüber ihren Kunden zu halten, offenbart sich mehr denn je die wirkliche Qualität dieser Produkte.
Strategiewechsel? Wenn schon, dann richtig!
Spricht etwas dagegen, seine kapitalbildenden Verträge gegen rentablere auszutauschen? Selbstverständlich spricht nichts dagegen, – im Gegenteil: Wenn Sie erkennen, dass Ihre Produkte außer Spesen nichts bringen, sollten Sie ernsthaft darüber nachdenken, Ihre Strategie anzupassen. Oft ist sogar eine radikale Anpassung der Strategie anzuraten, denn die meisten Menschen haben aufgrund der stetigen Manipulation durch Anbieter und Medien Produkte, die nur den Anbietern nützen. Doch woher sollen Sie wissen, ob Sie ein gutes Produkt haben oder nicht?
Die Mathematik ist da sehr hilfreich. Eine Aufwand-Nutzen-Berechnung ist schnell gemacht und kann darüber Aufschluss geben, ob man tatsächlich richtig liegt oder ob ein echter Kurswechsel empfehlenswert ist. Wie man das z.B. berechnen kann, finden sie hier.
Am Ende steht eine wichtige Erkenntnis: Nur eine Strategie auf Sachwertbasis kann helfen, gesteckte Ziele realistisch erreichen.
Der richtigen Strategie treu bleiben
Einfach ist es nicht. Man entscheidet sich für einen Weg und will dabei bleiben. Doch jeder nächste Vermittler versucht an der vorab gewählten Strategie herumzunörgeln, sucht das berühmte Haar in der Suppe.
Eine Geldwertanlage ist psychologisch pflegeleicht. Das Sparbuch zeigt immer auf, was an Geld gerade drauf ist. Einmal jährlich lässt man die Zinsen nachtragen und der Betrag wächst damit sichtbar. Jeder weiß: Der Betrag wächst nicht sehr, aber er wächst und man kann es sehen. Auch bei Bausparverträgen oder Lebensversicherungen kommt einmal im Jahr ein Zettel in´s Haus, auf dem ein Wert steht, der im Vergleich zum Vorjahr größer geworden ist. Wachstum ist gut und macht zufrieden. Inflation und Steuer wirken sich nicht sichtbar aus, was ihre Präsenz in den Hintergrund drängt. Bei Sachwertanlagen ist es schwieriger, den aktuellen Wert zu bestimmen. Eine Immobilie als der klassische Substanzwert offenbart sich meist erst nach vielen Jahren. Bei Rohstoffen, Aktien und Aktienfonds kann man sich zumindest jeden Tag die Börsendaten ansehen. Das Auf und Ab der Börsen macht den Fondsbesitzer abwechselnd glücklich und unglücklich. Vergewissern Sie sich daher, dass Ihre Investition werthaltig war, und packen Sie dann die Unterlagen in den Ordner. Wenn Sie dann 10 Jahre später auf Ihre Anlage schauen, werden Sie sicher überrascht sein. Langfristige Anlagen sollten nicht unter kurzfristigen Bedingungen bewertet werden.
Stellen Sie fest, dass Ihre Investition nicht so glücklich war, können Sie sich überlegen, was Sie tun. Handelt es sich um eine Anlage mit ständiger Verfügbarkeit, wählen Sie einfach, ob Sie am Ball bleiben oder umschichten. Fragen Sie einen neutralen Berater oder noch besser, befassen Sie sich selbst mit der Thematik. Er hilft Ihnen bei der Entscheidung. Wenn Sie nicht aus dem Produkt herauskommen, ist oft juristische Hilfe unausweichlich. Jedoch weiß man vorher selten, wie die Chancen stehen. Fragen Sie einen Anwalt, wird der Ihnen in 9 von 10 Fällen zu einer Klage raten. Das ist auch nachvollziehbar, denn der Anwalt verdient mit einer Klage viel mehr als ohne eine Klage und er verdient das Gleiche, egal ob er gewinnt oder verliert. Es ist daher nicht verwunderlich, dass viele Anwälte diese lukrative Geldquelle nutzen. Der Mandant weiß nicht, wie seine Chancen stehen, und wird dem Rat seines Anwalts folgen. Ob der Anwalt sein Geschäft beherrscht, kann der Mandant selten einschätzen. Bei Anwälten gibt es genau wie bei Vermittlern viel mehr mittelmäßige und mäßige als gute und sehr gute Anwälte. Der Freie Berater arbeitet mit den besten Anwälten zusammen und die Erfolgsquote der geführten Prozesse spricht Bände. Sie sollten vorher abwägen, ob Sie dem verlorenen Geld noch weiteres Geld in Form von Anwalts- und Prozesskosten hinterher werfen. Manche Anwälte bieten ein kostenloses Erstgespräch an, bewerten realistisch die Chancen und verbrennen nicht sinnlos weiteres Geld, wenn die Chancen mies sind. Allerdings muss man diese erst finden.
Als Fazit kann wohl stehen, dass Hinfallen keine Schande ist. Jeder macht Fehler. Man muss daraus lernen und wieder auf die Beine kommen, neuen Mut fassen und mit mehr Erfahrung eine bessere Wahl treffen.
Infos zum Autor: Michael Sielmon
Foto: Bernd Liebl, Magdeburg